Osttirol. Vom ersten Weltkrieg bis zur GegenwartKofler, Martin: Osttirol. Vom ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Studienverlag. ISBN 3-7065-1876-7. Innsbruck 2005.gebunden
326 Seiten mit SW-, Farbbildern und Karten
http://www.studienverlag.at

Bis 1918 gab es zwischen Ost-, Nord- und Südtirol keine Staatsgrenze ñ Tirol war eine geographische Einheit. Zwar stellte Osttirol eine Grenzregion zu Kärnten dar, war aber in seiner Kultur und Verwaltung in Tirol verwurzelt. Durch den Frieden von St. Germain en Laye wurde jedoch die geographische Verbindung unterbrochen.
Das Buch ÑOsttirol vom ersten Weltkrieg bis zur Gegenwartì widmet sich in erster Linie der Entwicklung, welche nach dieser Zäsur einsetzte. Zwar werden zu Beginn kurz die Geschehnisse zur Zeit des ersten Weltkrieges geschildert, doch der überragende Hauptteil widmet sich der Ersten und Zweiten Republik sowie dem Dritten Reich.
Die Zeit von 1918 bis 1938 wird in drei Teile gegliedert:
ï Vom Kriegsende zur Weltwirtschaftskrise
ï Entwicklung der NSDAP in Osttirol
ï 1934 ÑStändestaatì und Habsburg-Verbundenheit

Besonders die wirtschaftlichen und sozialen Umstände der Zeit werden als Erklärungsmodel für den späteren ÑAnschlussì genauestens skizziert.

Die Zeit des Dritten Reiches wird ausführlichst unter folgenden Gesichtspunkten analysiert:
ï Der ÑAnschlussì, die ÑVolksabstimmungì und erste Ernüchterung
ï Die NS Herrschaft: Zwischen Partei, SA, SS und Gestapo
ï Juden und Osttirol ñ Antisemitismus, ÑArisierungì und Fluchthilfe
ï Die ÑOptionì der Südtiroler
ï Kirche kontra NSDAP
ï Versuchte Gleichschaltung der Bevölkerung
ï Verfolgung und Widerstand
ï Wirtschaft, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene
ï ÑOsttirol als nationalsozialistisches Bindeglied zwischen Klagenfurt und Innsbruckì
ï Osttirol im Krieg
 
In diesem Abschnitt wird unter anderem besonders die Situation Osttirols zwischen Kärnten und Innsbruck beleuchtet, wobei dieser Teil Tirols zwar Diözesan bei Innsbruck-Feldkirch blieb, politisch jedoch Kärnten angeschlossen wurde.

An diesen Abschnitt anschließend, wird die Zeit ab 1945 bis in die Gegenwart unter folgenden Gesichtspunkten betrachtet:
ï Osttriol als Teil der britischen Besatzungszone 1945-53
ï Osttirol und das ÑHeimatlandì Tirol
ï Osttirol und Südtirol
ï Dorfertalkraftwerk kontra Nationalpark Hohe Tauern ñ und die Zeit danach
ï Wählt Osttirol anders? Eine Analyse der jüngsten Stimmabgaben
ï Von Habsburgtreue und Walder Saga

Das Buch fesselt von der ersten Seite an: Der Inhalt wird in überschaubaren Kapiteln dem Leser präsentiert. Der Informationsgehalt ist erstaunlich groß, wobei Textpassagen durch geschickt poitionierte und ausgewählte Bilder unterstrichen werden. Im Unterschied zu vielen anderen Werken, setzt dieses Buch wenig Vorwissen voraus, da der Autor es versteht, lokale Ereignisse im allgemein geschichtlichen Kontext schlüssig zu erklären. Durch die durchdachte Einteilung der Kapitel, wird beim Leser eine Spannung erzeugt, welche bei deutschsprachiger wissenschaftlicher Literatur ansonsten selten üblich ist. Da die Geschichte Osttirols in der Forschung bisher eine eher untergeordnete Rolle spielte, kann dieses Buch ohne weiteres als Standardliteratur zu diesem Bezirk gelten. In unserer Bewertungsskala von 5 möglichen Punkten vergeben wir daher als Novum: 5+ Punkte, was einer ÑMussì Empfehlung entspricht.

(Autor: MF)