ImageHochedlinger, Michael / Tantner, Anton (Hrsg.): "...der größte Teil der Untertannen lebt elend und mühselig". In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Sonderband 8. Studienverlag. ISBN 3-7065-4154-8. Wien 2005. Paperback,
184 Seiten mit SW Karte.
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Obwohl sich dieses Buch in erster Linie nicht mit Tirol und seiner Geschichte befasst, haben wir beschlossen, es trotzdem in den Rezensionen aufzunehmen, da es ein einzigartiges Dokument über die wirtschaftlichen und sozialen Umstände der Habsburgermonarchie im 18. Jahrhundert darstellt.

Die einzelnen Beschreibungen der Länder lassen Rückschlüsse auf die Lebensumstände in Tirol zu. In der sehr umfangreichen Einleitung (76 Seiten) wird von der Herresverwaltung und Reformen, bis hin zur Entwicklung der Konskriptionen ein weiter Bogen gespannt. Der Auslöser für die Zählung der Untertanen war der Wunsch nach einfacherer Einziehung zum Militärdienst. Erste Experimente in dieser Hinsicht fanden in Prag im Jahre 1638 statt, als man die jüdische Bevölkerung erstmals namentlich und zahlenmäßig erfasste. 1651 zu Ende des dreißigjährigen Krieges wurden dann erstmals Untertanenverzeichnisse angefertigt, da man hiermit Anhaltspunkte für die Gegenreformation erhoffte. 1753 wurde aufgrund des österreichischen Erbfolgekrieges wiederum eine Zählung eingeleitet. Diese fand ein Jahr später statt und umfasste auch Tirol, wobei den ausführenden Stellen höchste Sensibilität für Tirol aufgetragen wurde, da dieser Teil des Reiches wegen des Landlibells nicht zum Kriegsdienst außerhalb Tirols verpflichtet werden konnte und die Bevölkerung daher auf alle Anzeichen einer Abschaffung dieser Regelung sehr schnell reagierte. Diese Berichte sollten von diesem Zeitpunkt alle drei Jahre angefertigt werden, gerieten jedoch außer in Böhmen durch neuerliche Kriege in Vergessenheit. 1770 wurde das Konskriptionswesen reformiert und den Konskriptionskommissionen in den Ländern aufgetragen, neben den Zahlen auch Berichte über die wirtschaftliche und soziale Lage beizulegen. Diese Berichte aus den folgenden Jahren bilden den Kern dieses Buches. Die Autoren transkribierten die Meldungen aus folgenden Ländern: Schlesien, Görz, Kärnten, Steiermark, Krain, Österreich ob der Enns, Österreich unter der Enns und Mähren. Die Verwaltung Tirols wurde zu dieser Zeit nicht vom Hofkriegsrat und der Hofkanzlei aufgefordert, einen Bericht oder Zählung zu veranlassen.
Die Dokumente geben eine recht genaue Situationsbeschreibung wieder und ermöglichen somit die Menschen der damaligen Zeit besser zu verstehen. Vorherrschend war Armut und Elend. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ist eine politisch und militärisch sehr bewegte Epoche. Die Habsburger Monarchie war in viele große Kriege verwickelt und die meisten Informationen aus dieser Zeit beruhen auf diesen Auseinandersetzungen.

Die Edition der Berichte infolge der Konskription der Jahre 1771/72 können somit eine wichtige Ergänzung für das Verständnis der Zeit darstellen. Neben den transkribierten Texten stellt die Einleitung einen weiteren wichtigen Bestandteil des Werkes dar. In diesem werden in übersichtlicher Art und Weise die Entwicklungen, welche zur Praxis der Untertanenverzeichnisse führten geschildert und könnte für sich allein stehend bereits einen vorzüglichen Überblick über die innenpolitische Entwicklung geben. Die Aussagen werden zumeist durch Literatur oder Quellenangaben stichhaltig belegt. Aufgrund der verwendeten Fachsprache und auch der textlastigen Ausführung sollte der Leser bereits einige Erfahrung in Bezug auf wissenschaftliche historische Werke mitbringen. Wir vergeben für dieses Buch 5,0 Punkte von 5, was einer absoluten Kaufempfehlung entspricht, da dieses Buch neben reichen Hintergrundinformationen aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts auch einen Sozial- und Wirtschaftsgeschichtlichen Eindruck vermittelt, den nur zeitgenössische Dokumente zeigen können.