Das Schicksal der Kapuziner-Bibliothek in Innsbruck seit 400 Jahren

Über die Bibliotheken in unserer Nordtiroler-Kapuzinerordensprovinz gibt es nur spärliche Aufzeichnungen. Gut eingerichtet waren die Bibliotheken der Studienklöster in der alten Provinz: Brixen, Bozen, Meran, Salzburg und Innsbruck.

1.) Grundsteinlegung der Bibliothek und ihre Entwicklung im 16. und 17. Jahrhundert:

Die Grundsteinlegung und der Bau des Kapuzinerklosters in Innsbruck begann im September 1593, beaufsichtigt von P. Raphael von Arco. 1594, am 18. Dezember, folgte die Einweihung der Kirche und der Einzug der ersten Mitbrüder in das Kloster. 1605/06 geschah die erste Erweiterung des Neubaues um einige Zellen, um Raum für die Bibliothek zu gewinnen. 1605 wurde das bisherige Generalkommissariat zur Ordensprovinz erhoben: Tiroler Provinz vom Allerheiligsten Sakrament. Im Jahre 1606 fand das erste Provinzkapitel in Innsbruck statt.

Zum Studienkloster erhoben wurde Innsbruck 1615. Bis dahin absolvierten die Kleriker ihre philosophisch-theologische Ausbildung in den Studienklöstern der Venetianischen Provinz. 1620 hatten die Ordensstudien in der Tirolerprovinz eine feste und selbständige Form gefunden. [1]

Mit der philosophisch-theologischen Hauslehranstalt wuchs auch die Bibliothek, angereichert mit Fachliteratur über Dogmatik, Jus, Moral, Kirchengeschichte und vor allem Predigtwerke. Hauptzweck der Lehrtätigkeit war die Heranbildung tüchtig geschulter Volksprediger und guter Beichtväter. Großen Wert legten die Erzieher und Lektoren auf die Herzensbildung der Kleriker, daher die Vielfalt asketischer und auch mystischer Frömmigkeitsliteratur.

Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Max III., der von 1602 bis 1618 Landesregent in Tirol war, zeigte sich dem Innsbrucker Kapuzinerkloster sehr freigebig und sorgte nicht nur für notwendige Nahrung und für Kirchenbedarf, sondern auch für die Anschaffung wertvoller Bücher für die Bibliothek. 1604, am 13. September, erließ er einen ÑKammerbefehlì, für gekaufte Bücher die Rechnung zu bezahlen. [2]

Auf dem Provinzkapitel im Jahre 1623 wurde verordnet, dass in jedem Kloster ein Ñfleißiger Bibliothekarì nominiert werden soll. [3] Selbstverständlich wurden die Ordensautoren besonders berücksichtigt und für die Bibliothek angeschafft. Es sei auch festgehalten, dass am 22. Dezember 1689 Innsbruck von einem starken Erdbeben erschüttert wurde, das an Kloster und Kirche großen Schaden angerichtet hat, auch in der Bibliothek. [4]

Vielen Wohltätern, besonders aus dem Adel, verdanken die Kapuziner wertvolle Bücherspenden, manchmal auch ganze Privatbibliotheken (gegen Persolvierung gewisser Suffragien nach ihrem Tod). Manche Bücherschätze wurden als Vermächtnis von Pfarr- oder Domherren dem Kloster übergeben. [5]

Auf dem Provinzkapitel 1657 in Braunau am Inn wurde beschlossen, die päpstliche Verordnung, die das Ausleihen oder Verschenken von Büchern aus der Klosterbibliothek verbietet, in jeder Bibliothek anzuschlagen. Es wird eingeschärft, dass in jedem Kloster vom Guardian ein Bibliothekar bestellt werde, der die Bücher in guter Ordnung zu halten hat. [6]

2.) Die Bibliothek im Zeitalter des Josefinismus

Ein Rückschlag, ja den Todesstoß für die philosophisch-theologische Hauslehranstalt, brachte die Ñjosefinische Zeitì ñ Kaiser Josef II., 1780 bis 1790. Am 30. März 1783 wurde die Innsbrucker Hauslehranstalt aufgehoben. Die Ordenskleriker mussten das Generalseminar besuchen (ohne Ordenskleid und Bart!), mit dem vorgeschriebenen ÑSeminarrock." [7] Nach 168 Jahren endete die philosophisch-theologische Hauslehranstalt der Kapuziner in Innsbruck ñ bis zum Neubeginn im Jahre 1833.

Ein schwerer Schlag für die Provinz im März 1787: Die Aufhebung unseres Mutterklosters in Innsbruck. Die 37 Mitbrüder hatten auf Befehl der kaiserlichen Hofkanzlei binnen drei Monaten das Kloster zu verlassen. [8] Das Inventar wird zur Versteigerung geschätzt und verschleudert. Die Kirchengeräte wurden dem Münzamt zugesprochen; das Hochaltarbild (von P. Cosimo Piazza, 1606) kam in das Schloss Ambras bei Innsbruck; die Bibliothek in das Lyzeum (=heute die Universitätsbibliothek); Kirche und Kloster samt Garten wurden versteigert. Die wertvolle Bibliothek zählte gut 10.000 Bücher, war die kostbarste Bibliothek der Provinz. Das Provinzarchiv wurde zunächst versiegelt, später freigegeben für den Gebrauch der Provinz. [9]

Provinzial P. Primus Puel aus Bozen machte 1790 eine Eingabe an das Gubernium, die Bücherei wieder zurückzubekommen, erhielt aber zur Antwort, dass auf Anordnung eines Hofdekretes die Bibliotheken der aufgehobenen Klöster den Lyzeen zugesprochen seien. Sollte das Lyzeum entbehrliche und den Kapuzinern nützliche Bücher haben, so wolle man deren Überlassung gestatten. Im weiteren Bemühen um die Bibliothek erhielt Provinzial Primus zur Antwort, dass die wertvollen Werke (150 Foliobände heiliger Väter, die Werke des Baronius, usf.) als unentbehrlich für das Lyzeum sind ñ es kann nur Ñein elender Schundì abgetreten werden. Damit war das Schicksal der Kapuzinerbibliothek in Innsbruck besiegelt ñ für immer verloren! [10]

3.) Wiederherstellung des Klosters und seiner Bibliothek

Die Rückgabe des Klosters gab das Gubernium in Innsbruck am 24. Juli 1802 bekannt. Der Kapuzinerkonvent darf wiederhergestellt werden, nicht als Guardianat, sondern Hospiz mit einem Superior. Am 13. August 1802 erfolgte der Rückkauf von Kirche, Kloster und Garten durch den emeritierten Gubernal-Taxator Johann Nepomuk von Zimmermann zu Ehrenhausen. [11] Mit großer Mühe musste das desolate Kloster samt Kirche und Garten wieder hergestellt werden. Fürstbischof Franz Karl Graf von Lodron (1748-1828) von Brixen konsekrierte die Kirche mit den vier Altären am 30. Oktober 1804. 1833 wurde das Hospiz Innsbruck wieder Guardianat. Im selben Jahr 1833 konnte das Theologie-Studium in der neu eröffneten Hauslehranstalt beginnen. 1876 endlich konnte die neue Klosterbibliothek errichtet werden. Dazu wurde ein Neubau aufgeführt an der Nordostseite der alten Klosterquadratur, später erweitert durch den Zellenabbau hin bis zur Konventuhr (die heute noch im ersten Stock am gleichen Platz steht). Ein Hauptverdienst an der Neuerrichtung der Bibliothek hatte der Lektor für Bibelwissenschaft und Provinzial (1845-48; 1851-54; 1866-69) P. Fulgentius Haidegger aus Sterzing. [12] Die Bibliothek wuchs rasch an und zählte im Jahre 1907 bereits 10.500 Bücher. Bibliothekare waren meist die Patres Lektoren.

P. Hilarius Gatterer aus Sexten, Moraltheologe, Schriftsteller und Provinzial (1889-92), schätzte die Wissenschaft sehr hoch und war besorgt für beste wissenschaftliche Werke für die Bibliothek. [13]

4.) Das Schicksal der Bibliothek in der NS-Zeit (1940-1945)

Nach einem alten Grundsatz sollte in der Provinz nach der Kirche die Bibliothek den Mitbrüdern am meisten am Herzen liegen. Die Bibliothek dient ja zur Weiterbildung, ein Hilfsmittel, die Arbeiten des Priesterberufes zu erleichtern, das Wissen zu vertiefen und auch die Ordensspiritualität zu fördern. P. Michael Hetzenauer von Zell bei Kufstein (1860-1928), Professor an der päpstlichen Universität San Apollinare für Exegese an der Lateran-Universität, Konsultor der päpstlichen Bibelkommission, beschreibt in seinem Buch ÑDas Kapuzinerkloster zu Innsbruckì (1893, Innsbruck, Verlag Felizian Rauch) den hohen Wert und umfangreichen Inhalt der mehr als 10.500 Bücher unserer Bibliothek, die 1940 dem Vandalismus der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen ist. [14] Ein Kulturgut der Provinz und der Stadt Innsbruck wurde vernichtet.

Die Aufhebung des Innsbrucker Klosters, nun zum zweiten Mal, erfolgte am 30. September 1940. [15] Dem protestierenden Provinzial antwortete Gestapo-Kommissar Schwingshammer: ÑGewalt geht vor Recht!ì Kunsthistoriker Dr. Josef Ringler (1893-1973) erzählte mir, dass der größte Teil unserer Bibliothek nach Frastanz (Vorarlberg) abtransportiert und dort in der Papierfabrik eingestampft wurde. (Diese Fabrik heißt heute ÑRondo Ganahl AG-Papier- und Wellpappefabrikì.) Mit dabei war auch die wertvolle bibelexegetische Bibliothek von P. Michael Hetzenauer, die nach seinem Tode 1928 nach Innsbruck übertragen wurde.

Schritt für Schritt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg das desolate Kloster mit der entweihten Kirche, die als Magazin gedient hat, wieder eingerichtet, damit verbunden auch ein Neuanfang der Bibliothek. Von Prof. Dr. Ringler konnte ich erfahren, dass Gauleiter Franz Hofer fest im Plan hatte, das Kapuzinerkloster samt Kirche (und Eremitage) wegzuräumen und einen ÑAdolf-Hitler-Platzì mit Einbezug des großen Gartens zu errichten. [16]

Im Zuge der Wiederbesetzung des Klosters wurde auch die philosophisch-theologische Hauslehranstalt eröffnet und der Lehrbetrieb wieder aufgenommen. Mühsam war der Aufbau der Bibliothek. Die nötigen Bücherstellagen wurden in der neu errichteten Provinztischlerei in Innsbruck von Provinztischler Otto Wilfling hergestellt (1946-1948).

5.) Entwicklung zur Provinzbibliothek der Nordtiroler Kapuzinerprovinz

In den Jahren des Zweiten Weltkrieges (1940-45) wurden unsere Bibliotheken vielfach vernachlässigt, Bücher nicht mehr ordnungsgemäß eingereiht und Kataloge nicht mehr weitergeführt. Die Klöster der Kapuziner in Braunau am Inn, Salzburg, Radstadt, Kitzbühel, Innsbruck, Bludenz und das SLW-Fügen waren gänzlich aufgehoben, die Niederlassungen Feldkirch, Dornbirn und Ried im Innkreis teilweise zweckentfremdet. Es war schwer, die Klöster wieder frei zu bekommen.

Provinzial Optat Winder bemühte sich kraftvoll um die Rückgewinnung unserer Klöster (1946-1952). Er war auch sehr besorgt um die Erhaltung und Neuordnung unserer Bibliotheken. In mehreren Fortsetzungen schrieb er im Provinzboten über ÑUnsere Bibliothekenì. [17]

Durch Dubletten aus verschiedenen Klöstern, Schenkungen und Neuanschaffung wuchs der Bücherbestand und füllte die neu angefertigten Regale. P. Kilian Gut, Lektor für Philosophie, 1945 bis 1956 Bibliothekar in Innsbruck, war mit Arbeit überfordert: Lektor, Religionsprofessor in der Bildungsanstalt der Barmherzigen Schwestern/Kettenbrücke, Hilfskaplan in der Pfarre Maria am Gestade und Gefangenenseelsorger (1947-1985). Er ersuchte mich in den Jahren meiner Studien in Innsbruck um Mithilfe in der Bibliothek (1950-1956). Es galt die Bücher zu ordnen, einzureihen und schließlich einen Autoren- und Sachkatalog zu erstellen. P. Magister und Lektor für Bibelwissenschaft Chrysostomus Niklasch unterstützte unsere Arbeit - er hatte gute Fachkenntnis für das Bibliothekswesen.

Endlich, im Februar 1969, wurde gutes Licht eingeleitet durch die Elektroinstallation von Johann Huber. [18] Auch ein Tapiflexboden, gefällig angebracht, bedeckte nun die rauhen unebenen Bodenbretter. Dazu kamen neue Bücherregale aus der Provinztischlerei. Eine Wohltat war die Einleitung der Zentralheizung in die Räume der Bibliothek im Jahre 1970.

Die beiden Wertheim-Katalogschränke wurden im Juli 1970 angeschafft und aufgestellt. Um 1975 werden die von Provinztischler Otto Wilfling erstellten Buchregale durch neue, von Br. Josef Hagen gefertigte ersetzt. Die ausrangierten Regale wurden verkauft. Beim Transportieren der Bücher war Herr Kalb aus Dornbirn behilflich. Auch wird für die Bibliothek ein Kopiergerät gekauft (1983). Langsam macht sich die Raumnot bemerkbar, zählte unsere Bibliothek im Juni 1987 bereits 10.000 Bücher. [19]

Mit der Generalsanierung des Klosters (1991-1994) wurde ein geräumiger Neubau für Bibliothek und Provinzarchiv aufgeführt. Es war Provinzial Hans Norbert Huber [20] ein großes Anliegen, einen eigenen Gebäudekomplex zu errichten für eine Zentralbibliothek und das Provinzarchiv. Das Vorhaben ist auch bestens gelungen. [21] Um die Bibliothek bis zum Sanierungstermin weiter benützen zu können, wurde von Br. Johannes a. Cr. Vogt eine zusätzliche Zugangstür zur Bibliothek geschaffen. Nachdem die restlichen Bücher aus der Bibliothek entfernt worden waren, wurden die Buchregale von Br. Johannes a. Cr. Vogt abgebaut und teilweise verkauft. Wie die neue Bibliothek fertiggestellt war, wurden alle Bücher dorthin überführt und dort eingeordnet. Einige freiwillige Helfer und Brüder des Hauses vermochten es diese Arbeit in 14 Tagen zum Abschluss zu bringen. Br. Johannes a Cr. Vogt passte die übriggebliebenen Regale den Gegebenheiten des Vorraumes der Bibliothek an. Diese finden auch heute noch Verwendung.

So wie die Provinz- und Zentralbibliothek heute dasteht, verdanken wir dieses Werk dem Weitblick und dem beharrlichen Eifer unseres Mitbruders und Provinzials Hans Norbert Huber. Bis in die letzten Wochen hat er jede freie Minute dieser Aufgabe noch im Krankenzimmer gewidmet. Die neuen (fahrbaren) Stellagen lieferte die Firma Forster aus Waidhofen an der Ybbs. [22]

Provinzbibliothekar Massani Manfred (geb. 1971), der dankenswerter Weise die Bibliothek fachgerecht betreut, katalogisiert und weiterführt, gab in mehreren Fortsetzungen im ÑBote der Tiroler Kapuzinerì [23] ÑEinblicke in die Provinzbibliothekì mit den neuesten Kenntnissen und wissenschaftlichen Methoden einer Bibliothekführung. Der Bücherbestand gegenwärtig in den verschiedenen Katalogverzeichnissen nennt gut 30.000 Werke. Aus den aufgelassenen Klöstern lagern noch große Buchbestände, die nach und nach aufgearbeitet und eingereiht werden.

Großer Wert wird darauf gelegt, die franziskanische Literatur (franciscania und capucinia) möglichst vollständig einzubringen. Eine gute Bibliothek zeugt von der Vielfalt der Wissenschaft, von der faszinierenden Macht der geschriebenen Worte und dem unablässigen Streben vergangener Generationen nach tiefer und letzter Erkenntnis.

6.) Die Bibliothekare der Kapuzinerbibliothek in Innsbruck [24]

Bibliothekare im Konvent von Innsbruck:

1886-1897 P. Michael Hetzenauer von Zell bei Kufstein

1897-1898 P. Raphael Hutter von Fulpmes

1898-1899 P. Gotthard Pfeiffer von Schwaz

1899-1901 P. Sigismund Ruschitzka von München

1901-1902 P. Michael Hetzenauer von Zell bei Kufstein

1902-1907 P. Simon Lungkofler von Abfaltersbach

1907-1912 P. Celerin Thaler von Brixen

1912-1914 P. Antonin Kasseroler von Gufidaun

1914-1918 P. Virgil Wass von Werfenweng

1918-1923 P. Josef Cupertin Braun von Riedlingen

1923-1924 P. Virgil Wass von Werfenweng

1924-1925 P. Mansuet Sax von Sulzbach

1925-1927 P. Valerian Vieider von Innsbruck

1927-1935 P. Sebald Sakowski von Langenberg

1935-1937 P. Virgil Wass von Werfenweng

1937-1940 P. Titus Egle aus Koblach

1940 30. September: Aufhebung des Klosters in Innsbruck

durch die Nationalsozialisten [25]

1945-1956 P. Kilian Gut aus Klaus

1956-1965 P. Andreas Weiß von Werfen

1956-2002 P. Hans Norbert Huber von Brixen: Lic. und Dr. der Kirchengeschichte, Dipl. Archivar, Dipl. Bibliothekar, Provinzbibliothekar und ñarchivar, Provinzial (1976-1982 und 1989-1995), gestorben am 8. Dezember 2002 in Innsbruck.

2003 - Manfred Massani von Steinach am Brenner

ÑBücher sind mehr als Bücher, sie sind das Leben, der Wesenskern vergangener Zeiten, das, wofür Menschen gelebt und gearbeitet haben und gestorben sind ñ die Essenz und Quintessenz ihres Daseinsì (Amy Lowell).

Br. Gaudentius Walser, Dornbirn

Anm.: Die in den Text eingearbeiteten Passagen (kursiv)wurden einem Brief von Br. Johannes A. Cr. Vogt entnommen, welcher der Ergänzung der Geschichte der Provinzbibliothek dient.

7.) Die Provinzbibliothek im Jahre 2003

Im vorhergehenden Artikel von Br. Gaudentius Walser wurden wir über die geschichtliche Entwicklung der Zentralbibliothek in Innsbruck informiert. In diesem Abschnitt soll nun eine Darstellung der aktuellen Situation folgen.

Um die weiteren Ausführungen verstehen zu können, ist eine Analyse des Buchbestandes der Zentralbibliothek notwendig.

Bestandsaufbau der Zentralbibliothek der Nordtiroler Kapuzinerprovinz :

Arten Summe aus Anzahl
Neuzugänge

Bücher anderer Konvente

Bücher von Brüdern

Kauf

Nachlässe

ca. 1500 Bücher pro Jahr

Altbestand Katalogisierte Bücher

Wörterbuchkatalog (ca. 16.500 Bde.)

Autorenkatalog (weitere 12.500 Bde.)

Uneingereihte Bücher

Bibliothek Innsbruck (ca. 15.000 Bücher)

aufgelöste Konventbibliotheken (ca. 30.000 Bücher)

Nachlässe (ca. 5000 Bücher)

Zeitschriften

ca. 140 Zeitschriften

Wie aus der Tabelle ersichtlich gliedert sicher der Bestand in Neuzugänge und Altbestand. Letzterer macht die weitaus größere Zahl an Büchern aus.

a) Erste und momentane Hauptaufgabe ist die Bestandserschließung:

Die seit 2000 eingehenden Neuzugänge werden per Computer erfasst (Katalogisierung). Seit Einführung des Computers in die Bibliotheksarbeit werden auch die katalogisierten Bücher (Altbestand) im Rahmen der Retrokatalogisierung (Rekatalogisierung) erfasst. Dabei wird insbesondere darauf Bedacht genommen, dass alle im Wörterbuchkatalog von Br. Hans Norbert erarbeiteten Informationen integriert werden.

Der Hauptgrund dafür, dass zuerst diese Bestandsschwerpunkte und nicht die in Kartons bzw. in Regale eingestellten und nicht katalogisierten Bücher des Altbestandes der Katalogisierung per Computer zugeführt werden, liegt insbesondere im Gedanken, eine vollständige Inventarisierung der Innsbrucker Bibliothek durchzuführen. Würde man andersherum vorgehen und die nicht erschlossenen Bücher zuerst für die Katalogisierung heranziehen, müsste man Buch für Buch anhand der vorhandenen Kataloge abgleichen (Dublettenkontrolle) und jeweils anschließend zusätzlich am Platz nachsehen, ob das Buch auch wirklich vorhanden ist (Zeitverlust).

Seit Beginn des Jahres 2003 erfolgt die Katalogisierung ausschließlich per Computer.

Mit Einführung des Computers in die Katalogisierung wurde im Buchspeicher gemeinsam mit Br. Hans Norbert eine neue Aufstellungssystematik erarbeitet, die eine Einteilung in Fachgruppen und eine Aufstellung der Bücher nach Größe bringt. Um den Wörterbuchkatalog weiter verwenden zu können, muss auf den Katalogzetteln die neue Aufstellungssignatur angebracht werden. Diese Arbeit wird vorwiegend von Hilfskräften vorgenommen.

Der Arbeitsvorgang anhand eines Beispiels:

Ein bereits katalogisiertes Buch wird aus dem Buchspeicher geholt und der dazugehörige Hauptzettel des Kataloges entfernt. Das Buch wird per Computer katalogisiert. Im Rahmen dieser Neuerschließung wird dem Buch eine neue Standortnummer gegeben und diese auch am herausgenommenen Katalogzettel vermerkt.. Soweit vorhanden, werden bei der Katalogisierung per Computer dem Katalogisat Rezensionen aus dem Internet und Bilder hinzugefügt. Auch die Herkunft des Buches wird berücksichtigt. Halbjährlich werden dann von einer Hilfskraft die zu den Hauptzetteln gehörigen Nebenzettel dem Wörterbuchkatalog entnommen, umsigniert und schließlich wieder eingeräumt.

Seit Herbst 2002 werden die Signaturetiketten selbst gefertigt (ausgedruckt) und mit einem alterungsbeständigen Kleber aufgeklebt. Auch diese Arbeit wird vorwiegend von den Hilfskräften erledigt.

Seit August 2002 werden die Aufsätze der Zeitschrift ÑBote der Nordtiroler Kapuzinerì (retro)katalogisiert.

Weiterhin findet einmal/zweimal pro Monat eine Ausstellung der neuen Bücher statt.

Katalogisierte Bücher seit 2000: ca. 10000.

Elektronischer Zeitschriftenkardex: Zu Beginn des Jahres 2002 wurde mit dem Bibliotheksprogramm die Möglichkeit geschaffen, den Eingang der Zeitschriften zu kontrollieren. Somit kann mit Sicherheit festgestellt werden, ob alle abonnierten Zeitschriften auch regelmäßig eintreffen.

Das Ziel für 2003/2004 ist das Zugänglichmachen des Computerkatalogs per Internet (= WEBOPAC), wobei mehrere Möglichkeiten der Realisation abzuwägen sind.

b) Weiterführung Personendatenbank:

Die 1998 begonnene elektronische Personendatenbank (überwiegend theologischer Bereich) wird fortgeführt (zur Zeit ca. 14300 Kurzbiographien).

c) Informationsaustausch:

ÿ Bibliothekaretreffen der Nordtiroler Kapuzinerprovinz zur Information und Weiterbildung der Konventbibliothekare

ÿ Workshop ÑSchriftgut/Schrifttum bei den Brüdern Kapuzinerì der Provinzarchivare und Provinzbibliothekare der KDP und PNVB (einschließlich Tschechische Kapuzinerprovinz, Kapuzinerprovinz Strasbourg-Wallonie, Zentralbibliothek und ñarchiv Rom) ‡ siehe Protokoll von Br. Thomas Morus Huber IKI 33 (2003) Nr. 174, S. 43 ñ 47.

ÿ Jährliches Treffen im Rahmen der kthB (kirchlich-theologische Bibliotheken) zum Informationsaustausch.

d) Weiterbildung:

ÿ Konventbibliothekare: Bibliothekaretreffen, Publikationen im ÑBote der Nordtiroler Kapuzinerì

ÿ Brüder, Bibliotheksbenutzer: Am 25 März veranstalteten Angelika Kramer und ich für interessierte Brüder einen Einführungstag ÑInternet, Email, elektronischer Bibliothekskatalogì. Von der Höhe der Teilnehmerzahl überrascht, konnte mit Hilfe modernster Technik (z.B. Beamer als Leihgabe des SLW) ein erster Überblick vermittelt werden, ehe dann die Kursteilnehmer selbst Hand anlegen konnten.

ÿ Teilnahme an den Bibliothekaretagen (alle zwei Jahre) zur eigenen Weiterbildung

e) Benutzung:

ÿ Schulklassen, welche die Bibliothek für die Recherche bei eigenen Projekten benützen bzw. im Rahmen des Religionsunterrichts einen kurzen Einblick in die Entstehung der Bibel anhand der in der Bibliothek vorhandenen Bibelausgaben erhalten

ÿ Brüder des Konventes Innsbruck und der Provinz

ÿ Studenten

ÿ Tagungen (z.B. Internet-Administratorentagung der KDP) und Hauskapitel

f) Vorraumumgestaltung:

Gemeinsam mit Br. Ernst und Br. Wolfgang wurde der Bibliotheksvorraum umgestaltet. Der Wörterbuchkatalog wurde dabei in den Buchspeicher integriert. Dies spart dem Bibliotheksbenutzer bei der Suche nach den gewünschten Büchern oft längere Wege. Der Zeitschriftenschrank wurde zweigeteilt und im vorderen Bereich integriert. Der Kopierer von Br. Hans Norbert, wie der übrige Fernseher und das Videogerät des Konventes Innsbruck wurden in die Bibliothek gebracht (Bibliothek als multimediales Zentrum). Vom Kapuzinerkonvent Feldkirch kam eine Pendeluhr als Leihgabe hinzu. Dem Archiv wurde eine Franziskus-Figur entnommen und im Vorraum aufgestellt. Die Tische entstammen dem Clubraum des Konventes. Durch diese Umgestaltung entstanden keine Kosten.

g) Neuzugänge

Beim Ankauf von Literatur wird insbesondere auf franziskanische und kapuzinische Druckerzeugnisse geachtet. Auch Bücher die mit der Lokalgeschichte in Beziehung stehen, Bücher die von Brüdern gewünscht und empfohlen werden und Bücher, die für die tägliche Arbeit unerlässlich sind, werden angekauft.

h) Dubletten

Sie werden mit anderen Institutionen (Kapuzinerkonventen) ausgetauscht. Nur der nicht mehr tauschbare Anteil wird nach Rücksprache beim Br. Provinzial dem Antiquar zum Verkauf angeboten. Im Rahmen des Workshop ÑSchriftgut/Schrifttum bei den Brüdern Kapuzinerì wurde ein vermehrter Dublettentausch der Provinzbibliotheken angesprochen.

Manfred Massani



[1] Chrysostomus Niklasch, OFMCap., ÑDie Ordensstudien in der Tiroler Kapuzinerprovinz bis zur staatlichen Aufhebung 1783ì (Sonderdruck aus dem Provinzboten der Tiroler Kapuziner, 1939)
[2] Agapit Hohenegger/Peter B. Zierler, Geschichte der Tirolischen Kapuziner-Ordensprovinz (1593-1893), Innsbruck 1913/15, Bd. I, S. 128.
[3] Hohenegger/Zierler, a.a.O. (FN 2), Bd. I, S. 123.
[4] Laus Deo ñ Gott sei gelobt. 400 Jahre Kapuziner in Tirol (Festschrift), Thaur 1994, S. 94.
[5] Hohenegger/Zierler, a.a.O. (FN 2), Bd. I, S. 365.
[6] Hohenegger/Zierler, a.a.O. (FN 2), Bd. I, S. 365f.
[7] Niklasch, a.a.O. (FN 1), S. 25ff.
[8] Laus Deo, a.a.O. (FN 4), S. 96.
[9] Laus Deo, a.a.O. (FN 4), S. 96f
[10] Hohenegger/Zierler, a.a.O. (FN 2), Bd. II, 113f.
[11] Laus Deo, a.a.O.(FN 4), S. 96
[12] Hohenegger/Zierler, a.a.O. (FN 2), Bd. II, S. 426 u. 429 und Laus Deo, a.a.O.(FN 4), S. 98
[13] Cassian Neuner, OFMCap., Literarische Tätigkeit in der Nordtiroler Kapuzinerprovinz. Bio-bibliographische Notizen, Innsbruck 1929, S. 74ff.
[14] Michael Hetzenauer, OFMCap, Das Kapuzinerkloster zu Innsbruck, Innsbruck, 1893, S. 161ff.
Anm.: In der ÑThomas-Zelleì (1. Stock Nr. 19) wurde die hebräische Bibel des heiligen Laurentius von Brindisi (+1619), Generalkommissar in Tirol (1811), aufbewahrt. Sie wurde in der Plantinianischen Buchdruckerei zu Antwerpen hergestellt. 1940 bei der Aufhebung des Klosters durch die Gestapo des Dritten Reiches ging dieser kostbare Schatz verloren Vgl. Hetzenauer, S. 26.
[15] Bote der Tiroler Kapuziner, 48(1965) S. 308ff.
[16] Aus persönlichen Gesprächen mit Dr. Josef Ringler über die Zeit der Klosteraufhebung in Innsbruck, gelegentlich bei Krankenbesuchen.
[17] vgl. Optat Winder, OFMCap, ÑUnsere Bibliothekenì in Bote der Tiroler Kapuziner 40(1957) 31-34; 50-54; 81-83; 94-99; 111-117; 41(1958) 18-27; 50-56; 79-81; 111-115 und ÑVerspätetes Nachwort über unsere Bibliothekenì in Bote der Tiroler Kapuziner (1958) 264f. Anm.: Der Provinzbote nannte sich damals ÑCorpus Christi Mysticumì.
[18] Anm: Huber Johann (Ü 2001 in Imst) war der Vater von Provinzial Hans Norbert Huber.
[19] Laus Deo , a.a.O. (FN 4), S. 112
[20] Anm.: Nachruf in Bote der Tiroler Kapuziner 86(2003) 17-28: ÑExprovinzial Hans Norbert Huber, gestorben am 8. Dezember 2002 in Innsbruckì.
[21] Vgl.: Laus Deo, a.a.O. (FN 4) und ÑWiedereröffnung der Kapuzinerkirche (18. 12. 1994)ì in Bote der Tiroler Kapuziner 78(1995) 2-21.
[22] Laus Deo, a.a.O. (FN 4), S. 114.
[23] Manfred Massani, : ÑEinblicke in die Provinzbibliothekì in den Jahrgängen 82, 83, 84 und 85 fortlaufend.
[24] Zusammengestellt aus den Provinzschematismen ÑCatalogus F. F. Min. S. Francisci Capucinorum Provinciae Tirolis Septentrionalisì vom Jahre 1887 und ff.
[25] : ÑUnsere Nordtiroler Kapuziner-Ordensprovinz im Sturm der NS-Zeitì in Bote der Tiroler Kapuziner 71(1988) S. 52-66.