Bis 200 v. Chr. schafften es die Römer ihr Imperium Romanum bis zum Südrand der Alpen zu erobern. Durch die ständige Bedrohung aus dem Norden durch die Germanen, war es für das Imperium Romanum essentiell die Grenzen so zu verlegen, dass mit einem Minimum an Soldaten ein Maximum an Verteidigungskraft erreicht werden konnte. Aus diesem Grund fasste Kaiser Augustus 30 v. Chr. den Plan einen Eroberungsfeldzug über die Alpen bis zur Donau zu führen. Strategisch gesehen bildeten die Sümpfe und Felsformationen entlang des Stromes vorzügliche Voraussetzungen für die Grenzsicherung. Für die einfallenden Völker wäre es in Zukunft ein Schweres das unzugängliche Gebiet der Donau zu überqueren.

 

Karte
Karte vom Feldzug 15 v. Chr.

Im Frühjahr 15. v. Chr. beauftragte er zunächst seinen Stiefsohn und Quaestor Nero Claudius Drusus mit der eigens neu gebildeten XXI. Legion[1] die Alpenregion zu okkupieren. Begründet wurde dieser Feldzug durch die Grenzverletzungen der Räter. Zur Seite standen ihm der General Publius Silius Nerva[2] und der Konsul Lucius Calpurnius Piso, der über die inneren Verhältnisse in den Alpen als Proconsul der Gallia Cisalpina bestens informiert war. Gemeinsam mit der XIII. und XXI. Legion marschierte Drusus im Frühsommer die Etsch entlang nach Trient weiter zur Reichsgrenze an der Salurner Klause um von dort aus in das Gebiet der Isarken vorzurücken. Die Isarken versuchten wahrscheinlich mit aller Gewalt die Römer aufzuhalten, jedoch war dies hoffnungslos. Die Römer besiegten die Isarken blitzartig und konnten die Reichsgrenze von der Etsch bis ins Meraner Becken verschieben.

Damit fand der erste Teil des Feldzuges seinen Abschluss und als Ehrung für diesen raschen Durchmarsch ernannte der Römische Senat Drusus zum Praetor.

Um den Feldzug eine überregionale Bedeutung zu geben, wurden die Heeresteile umgegliedert und eine Zangenbewegung, welche bis zur Donau führen sollte, geplant.  Die Truppen wurden in einen West- und einen Ostflügel aufgeteilt, wobei im Osten weiterhin Nero Claudius Drusus und im Westen der Schwiegersohn von Augustus, Tiberius Claudius Nero, eingesetzt wurde, dem die XVI, XIX und gallische Hilfstruppen unterstanden. Diese Truppen waren bisher in Gallien stationiert gewesen und wurden nun verlegt. Die Geschwindigkeit dieser Truppenbewegung zeigt den hervorragenden logistischen Standard dieser Armee. Im Gegensatz zu anderen zu erobernden Gebieten, kannten die römischen Heerführer das Operationsgebiet durch Berichte von Händlern und Spionen, sodass der Angriff über mehrere Schwerpunkte zugleich erfolgen konnte. Die Eroberung des nördlichen Tirols erfolgte hauptsächlich durch die Armeen des Drusus.

Aufgrund der geographischen Bedingungen und der eher dünnen Besiedelung Tirols bot sich ein gleichzeitiges Vorgehen an mehreren Frontabschnitten an. Nerva zog mit seinen Einheiten über das Engadin dem Inn entlang, um sich mit dem Truppenkörper des Hauptheeres bei Finstermünz zu vereinigen. Lucius Calpurnius Piso hingegen zog über den Riten der Eisack entlang zum Brenner und von dort über das Wipptal ins Inntal. Auf seinem Weg besiegte er die Breonen. Das Hauptheer unter dem direkten Befehl des Drusus zog über den Reschen Richtung Fernpass, um sich dort mit der Armee des Tiberius zu verbunden und den Kessel zu schließen. Am 1. August des Jahres 15 v. Chr. kam es zwischen den vereinigten Legionen und dem Hauptheer der Vindeliker zur Entscheidungsschlacht, welche von den Römern gewonnen werden konnte. In der Zwischenzeit eroberte Piso das Unterinntal. Diese Eroberungszüge gingen mit der Zerstörung von vielen Siedlungen in Tirol einher.  Eine Kapitulation der einheimischen Bevölkerung ist weder belegt noch nachzuweisen, wobei anzumerken ist, dass es zu dieser Zeit bei der Urbevölkerung üblich war, bis zum letzten Einwohner zu kämpfen.

Der Neuhinzugekommene Teil des Imperium Romanum unterstand direkt dem Kaiser, der das Gebiet den Militärkommandaten von Augusta Vindelicorum[3] unterstellte. Besondere Bedeutung erhielt das heutige Tirol durch den Reschen und den Fernpass, welche die schnellste Verbindung nach Augsburg darstellten. Um Aufständen zuvorzukommen, wurde der Großteil der männlichen Bevölkerung in Hilfstruppen zwangsrekrutiert und an entfernte Standorte verlegt.

 

Kurzbiographie des Nero Claudius Drusus

 

Büste von Drusus
Büste von Nero Claudius Drusus

Als Stiefsohn des Kaiser Augusts[4] hatte Drusus zu Beginn seiner Karriere nicht die geringste Aussicht auf das Erbe des Augustus.
Nach dem erfolgreichen Feldzug gegen die Räter wurde er 13 v.Chr. Statthalter der drei Gallien. Ein Jahr später führte er einen Feldzug gegen Germanen jenseits des Rheins und legte diverse befestigte Lager entlang des Limes[5] an.
Um 10 v. Chr. wurde unter seiner Leitung ein weiterer Feldzug gegen die Chatten[6] begonnen, wobei er aber bereits ein Jahr später nach Rom zurückkehrte und das Amt eines Konsuls übernahm. In dieser Position setzte er seine dauernden Feldzüge gegen die Germanen fort, wobei er bei einem Rückzug vom Pferd fiel, sich ein Bein brach und an den Folgen verstarb.
Für seine Leistungen wurde ihm Posthum der Beinname ÑGermanicusì verliehen, der an seine Söhne weitergegeben wurde.

 

 

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[1] Unterstand der Militärprovinz Transpadana
[2] Hatte bereits ausreichend militärische Erfahrung gesammelt.
[3] Augsburg
[4] Sohn aus erster Ehe seiner Frau Livia
[5] Grenzlinie
[6] Germ. Volksstamm

(Autoren: IFE, MF)